Žemaičių Naumiestis ist eine alte Grenzstadt in Samogitien, deren Umgebung bereits seit dem 14. Jahrhundert besiedelt ist. Besonders bedeutend wurde die Stadt nach dem Aufstand von 1863–1864, als das litauische Schrifttum verboten wurde. Sie entwickelte sich zu einem wichtigen Zentrum für die Verbreitung verbotener Literatur und lag an einer der wichtigsten Schmugglerstrecken der Buchträgerbewegung (Knygnešiai).
Zwischen 1910 und 1914 veröffentlichte der evangelisch-lutherische Pastor Fridrikas Megnius in Naumiestis die litauische Zeitung Svečias („Der Gast“), die damals die einzige in Samogitien gedruckte Zeitung war. Mehr als 100 Jahre später wurden einige Exemplare dieser historischen Zeitung bei der Renovierung des evangelisch-lutherischen Pfarrhauses entdeckt.
Der gepflasterte Marktplatz in Žemaičių Naumiestis hat sich seit dem frühen 19. Jahrhundert kaum verändert und spiegelt das multikulturelle Leben dieser Grenzstadt wider. Die noch erhaltenen Gebäude sind lebendige Zeugnisse der Geschichte, die an die ehemaligen jüdischen, litauischen und preußisch-litauischen Geschäfte, Gasthäuser und Werkstätten erinnern. In Naumiestis fanden zwei Wochenmärkte und mehrere jährliche Jahrmärkte statt, es gab eine Zollstation (an der Grenze zwischen Russland und Deutschland), rund dreißig Geschäfte und Wirtshäuser, ein Elektrizitätswerk, ein Dampfsägewerk, eine Wassermühle, eine Strickwarenfabrik, eine Bäckerei, eine Grundschule, ein Gymnasium und eine Bibliothek. Die Stadt wurde schön wiederaufgebaut und sorgfältig geplant, mit neu angelegten Gehwegen, einem gepflasterten Stadtzentrum und befestigten Hauptstraßen.
Die Bewohner von Naumiestis spielten eine aktive Rolle in der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Litauens. Nach der Wiedererlangung der litauischen Staatlichkeit im Jahr 1918 wurde Naumiestis zum Verwaltungszentrum eines Bezirks und hieß damals Tauragės Naumiestis. In den 1930er Jahren erhielt die Stadt den Namen Žemaičių Naumiestis.
Auf dem Vanagiai-Hügel, auch bekannt als **Žaliasis Kalnas („Grüner Hügel“) **, steht stolz die römisch-katholische Kirche des Erzengels Michael, die 1782 erbaut wurde. Diese hölzerne Kirche, die Elemente der Volksarchitektur mit neugotischen Stilelementen vereint, beherbergt wertvolle religiöse Gemälde und Skulpturen. Das heutige Kirchengebäude hat einen kreuzförmigen Grundriss mit einem kleinen Turm an der Dachkreuzung. Im Jahr 1842 wurde eine evangelisch-lutherische Kirche in der Stadt errichtet.
Žemaičių Naumiestis war auch die Heimat einer großen jüdischen Gemeinde, wovon die 1816 erbaute, massive Backsteinsynagoge noch heute zeugt. Während der Sowjetzeit wurde die Synagoge in ein Kulturhaus umgewandelt. Heute steht das Gebäude verlassen und verfällt. In Žemaičių Naumiestis hatte jede Glaubensgemeinschaft ihre eigenen Gotteshäuser.
Die historische Architektur der Stadt ist über die Jahre weitgehend unverändert geblieben, was sie zu einem beliebten Drehort für litauische Filme macht. Jedes Jahr im Herbst findet auf dem malerischen Grünen Hügel das traditionelle Erntefest „Dagotuvės“ statt, das die landwirtschaftlichen Traditionen der Region feiert.
Žemaičių Naumiestis
Aktualisierungsdatum: 2025-02-28